Mitreden, mitgestalten:
Mitreden, mitgestalten: Warum Mitarbeiter-Empowerment die Loyalität stärkt

Dieser Beitrag beschreibt, wie Unternehmen die Loyalität und Verbleibsabsicht steigern können, indem sie ihren Mitarbeitenden Verantwortung, Einfluss und die Möglichkeit geben, ihre Expertise voll einzubringen.
• Vom Befehlsempfänger zum Gestalter
• Praxisbeispiele für mehr Selbstwirksamkeit
• Die Rolle der Führungskraft
• Fazit: Loyalität durch Einfluss
Was ist Selbstwirksamkeit?
Selbstwirksamkeit ist der Glaube an die eigenen Fähigkeiten, Herausforderungen erfolgreich zu bewältigen. Am Arbeitsplatz äußert sich das in der Überzeugung, dass man in der Lage ist, die anstehenden Aufgaben zu meistern, komplexe Probleme zu lösen und durch die eigene Arbeit einen spürbaren Beitrag zu leisten. Dieses Gefühl der Wirksamkeit ist eng mit der persönlichen Motivation verbunden. Wie die Psychologen Ryan und Deci in ihrer Selbstbestimmungstheorie aufzeigen, ist das Streben nach Kompetenz – also der Wunsch, die eigenen Fähigkeiten auszubauen und anzuwenden – eines der drei fundamentalen psychologischen Grundbedürfnisse des Menschen. Wer sich kompetent und wirksam fühlt, ist nicht nur zufriedener, sondern auch engagierter und loyaler. Mitarbeitende, die täglich erleben, dass ihre Entscheidungen zu besseren Ergebnissen führen, werden intrinsisch motiviert, ihre Leistung zu steigern. Das Gefühl, die eigene Arbeitsumgebung aktiv mitgestalten zu können, führt zu einem tiefen Sinn für Verantwortung und Identifikation. Es transformiert die Arbeit von einer reinen Pflicht in eine Gelegenheit zur persönlichen und beruflichen Entfaltung.
Vom Befehlsempfänger zum Gestalter
In traditionellen, hierarchischen Unternehmen sind die Rollen oft klar verteilt: Führungskräfte entscheiden, Mitarbeitende führen aus. Doch in der modernen Arbeitswelt ist dieser Ansatz nicht mehr tragfähig. Mitarbeitende möchten nicht nur Anweisungen befolgen; sie wollen mitreden und mitgestalten. Sie möchten ihre Expertise, die sie oft in langwieriger Ausbildung und Erfahrung aufgebaut haben, nicht nur anwenden, sondern auch in die strategische Ausrichtung von Projekten einbringen. Unternehmen, die ihren Mitarbeitenden diese Möglichkeit geben, schaffen eine neue Art von Arbeitsbeziehung – eine, die auf Empowerment und partnerschaftlicher Zusammenarbeit beruht. Dieses Gefühl, dass die eigene Stimme gehört wird, stärkt nicht nur die Selbstwirksamkeit, sondern auch die psychologische Sicherheit, die wir in einem früheren Beitrag behandelt haben. Es ist ein wechselseitiger Prozess: Empowerment fördert das Vertrauen und Vertrauen ermöglicht erst die echte Übertragung von Verantwortung. Die Abwesenheit von Empowerment hingegen führt zu dem Gefühl, irrelevant zu sein. Dies ist ein Haupttreiber für emotionale Distanzierung und die sogenannte innere Kündigung, bei der Mitarbeitende zwar physisch anwesend, aber emotional und geistig bereits gegangen sind. Eine transaktionale Beziehung, bei der Arbeitnehmende ihre Zeit gegen Bezahlung tauschen, wird den komplexen Bedürfnissen qualifizierter Fachkräfte nicht mehr gerecht.
Praxisbeispiele für mehr Selbstwirksamkeit
Wie können Unternehmen das Gefühl der Selbstwirksamkeit gezielt fördern? Es geht darum, eine Kultur zu schaffen, die den Mitarbeitenden echte Autonomie und Einflussmöglichkeiten gibt.
Autonomie und Entscheidungsfreiheit:
Anstatt jeden Schritt vorzugeben, sollten Führungskräfte das „Was“ definieren und das „Wie“ dem Team überlassen. Die Freiheit, den eigenen Weg zur Problemlösung zu finden, stärkt die Eigenverantwortung und das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Das gibt den Mitarbeitenden das Gefühl, dass ihre professionelle Meinung respektiert wird und dass sie die Kontrolle über ihre Arbeit haben. Eine Studie von Gartner hat gezeigt, dass die Möglichkeit, den eigenen Arbeitsort und die Arbeitszeit flexibel zu gestalten, die Leistung der Mitarbeitenden steigern kann, da sie das Gefühl haben, mehr Kontrolle über ihr Leben zu haben.
Klare Verantwortlichkeiten und Ressourcen:
Selbstwirksamkeit erfordert, dass Mitarbeitende die nötigen Werkzeuge und Befugnisse haben, um ihre Arbeit zu erledigen. Das bedeutet, ihnen die notwendigen Ressourcen (z.B. Zeit, Budget, Werkzeuge) sowie klare Verantwortlichkeiten zu übertragen, um Handlungsfähigkeit zu gewährleisten. Nichts untergräbt die Selbstwirksamkeit mehr, als für ein Ergebnis verantwortlich zu sein, ohne die entsprechenden Mittel zu haben. Die Bereitstellung dieser Ressourcen signalisiert, dass das Unternehmen in den Erfolg seiner Mitarbeitenden investiert.
Sinnvolle Aufgaben:
Mitarbeitende wollen an Aufgaben arbeiten, die einen sichtbaren und wichtigen Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten. Wenn sie verstehen, wie sich ihre tägliche Arbeit in das große Ganze einordnet, steigt ihr Gefühl der Wirksamkeit. Eine Organisation, die ihre Produktidentität und/oder den Wert ihrer Dienstleistungen klar kommuniziert, hilft den Mitarbeitenden, sich mit den übergeordneten Zielen zu identifizieren und einen Sinn in ihrer Arbeit zu finden. Dieser Sinn ist ein starker Anreiz, der weit über finanzielle Belohnungen hinausgeht.
Erkenntnis der eigenen Expertise:
Führungskräfte sollten die fachliche Expertise ihrer Mitarbeitenden anerkennen und sie aktiv in Entscheidungsprozesse einbeziehen. Das kann durch die Schaffung von Expertengruppen, das Einholen von Feedback vor wichtigen Entscheidungen oder einfach durch regelmäßiges Lob für fachliche Spitzenleistungen geschehen. Die Einrichtung von Peer-Mentoring-Programmen kann ebenfalls die interne Expertise würdigen und gleichzeitig den Wissensaustausch fördern.
Unternehmen, die ihren Mitarbeitenden die Möglichkeit geben, an der Gestaltung des eigenen Arbeitsumfelds und der Produkte mitzuwirken, profitieren nicht nur von höherer Loyalität, sondern auch von einer gesteigerten Innovationskraft, da die besten Ideen oft von denjenigen kommen, die am nächsten am Produkt und den Prozessen sind.

Die Rolle der Führungskraft
Die Rolle der Führungskraft wandelt sich vom reinen Kontrolleur zum Ermöglicher. Eine erfolgreiche Führungskraft im modernen Arbeitskontext schafft nicht nur die Rahmenbedingungen für die Arbeit, sondern befähigt ihre Teams auch, selbstständig zu agieren. Dies erfordert die Fähigkeit, zu delegieren, Vertrauen zu schenken und auch in Situationen loszulassen, in denen das eigene Team möglicherweise einen anderen Weg geht als erwartet. Es geht darum, nicht nur Ergebnisse zu beurteilen, sondern den Prozess der Problemlösung zu unterstützen. Indem Führungskräfte ihre Teams befähigen, tragen sie auch dazu bei, die Zugehörigkeit und das Commitment zu stärken, da die Mitarbeitenden die Beziehung zum Unternehmen als relational und partnerschaftlich wahrnehmen, nicht als rein transaktional. Das bedeutet, die Beziehung basiert nicht nur auf dem Austausch von Leistung und Belohnung, sondern auf gegenseitigem Vertrauen und Respekt. Eine Führungskraft, die Selbstwirksamkeit fördert, wird als vertrauenswürdige Instanz wahrgenommen, die das Wachstum und die Entwicklung des Teams im Fokus hat.
Fazit: Loyalität durch Einfluss
Die Investition in Mitarbeiter-Empowerment ist eine der effektivsten Strategien zur Mitarbeiterbindung. Es geht über das bloße Festhalten von Talenten hinaus; es geht darum, ihr Potenzial freizusetzen. Ein Unternehmen, das seinen Mitarbeitenden das Gefühl gibt, dass ihre Meinung zählt, ihre Expertise geschätzt wird und sie aktiv an der Gestaltung ihrer Arbeit beteiligt sind, schafft eine tiefe, auf intrinsischer Motivation basierende Loyalität. Wer sich als wirksame*r Mitgestalter*in und nicht nur als Ausführende*r fühlt, wird nicht nur seltener kündigen, sondern auch proaktiver, engagierter und zufriedener sein. Dieser Ansatz transformiert die Arbeitsbeziehung von einer reinen Transaktion (Arbeit gegen Geld) in eine bedeutungsvolle, relationale Partnerschaft.
Literaturhinweise:
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Zabrautanu, Daniela M. (2023): Peer-Anerkennung – Der komplette Leitfaden: Zitate, Ideen & mehr. Abgerufen von: https://huuray.com/de/inspiration/belohnungen/peer-anerkennung/#importance of-using-a-peer-recognition-program.





