Vom Symptom zur Ursache

Sebastian Flack • 26. September 2025

Vom Symptom zur Ursache: Der systemische Ansatz für nachhaltige Mitarbeiterbindung

systemische Mitarbeiterbindung
In den vorherigen Beiträgen dieser Reihe haben wir die verschiedenen Bausteine einer starken Mitarbeiterbindung kennengelernt – von psychologischer Sicherheit über Selbstwirksamkeit bis hin zur Zugehörigkeit. Doch viele Unternehmen behandeln diese Themen nur als isolierte Probleme. Sie veranstalten ein Teamevent gegen die Isolation oder bieten einen Leadership-Workshop gegen mangelndes Engagement an. Das sind jedoch oft nur Reaktionen auf Symptome. Für eine wirklich nachhaltige Mitarbeiterbindung ist ein tiefgreifender, ganzheitlicher Ansatz erforderlich. 

Dieser Abschlussartikel erklärt, warum ein externer, systemischer Blick auf die Organisation unerlässlich ist und wie dieser Ansatz dabei hilft, die Ursachen für Fluktuation und Demotivation zu identifizieren und zu beheben.

Inhalt dieses Beitrags:

  • Die Grenzen der Symptom-Behandlung
  • Was bedeutet ein systemischer Ansatz?
  • Die vernetzten Dynamiken in Organisationen
  • Warum ein externer Blick so wertvoll ist
  • Fazit: Nachhaltige Bindung durch ganzheitliche Analyse


Die Grenzen der Symptom-Behandlung

Stellen Sie sich vor, ein Patient hat Fieber. Eine Ärztin, die nur die Symptome behandelt, würde einfach ein fiebersenkendes Mittel verschreiben. Das Fieber würde kurz sinken, aber die zugrunde liegende Infektion würde weiter schwelen. Genauso verhält es sich mit der Mitarbeiterbindung. Wenn die Fluktuation in einem Team hoch ist, neigen Unternehmen dazu, auf offensichtliche Lösungen zu setzen: ein höheres Gehalt, ein neues Teamevent oder eine Umstrukturierung. Solche Maßnahmen können zwar kurzfristig wirken, doch sie adressieren nicht die wahren Ursachen. Vielleicht ist das Problem nicht das fehlende Teamevent, sondern die fehlende psychologische Sicherheit im Team, die dazu führt, dass sich niemand traut, Fehler zuzugeben. Oder die Demotivation rührt von einer unklaren Unternehmensvision her, die das Gefühl der Selbstwirksamkeit untergräbt. Ohne eine Analyse der vernetzten Ursachen ist jede Maßnahme nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Dieses Vorgehen kann sogar kontraproduktiv sein, da es den Mitarbeitenden signalisiert, dass das Unternehmen die wahren Probleme nicht versteht oder nicht bereit ist, sie anzugehen. Es entsteht ein Teufelskreis aus unadressierten Problemen und oberflächlichen Lösungsversuchen, der die Loyalität weiter untergräbt.

Was bedeutet ein systemischer Ansatz?

Ein systemischer Ansatz betrachtet die Organisation als ein komplexes, lebendiges System, in dem alle Elemente miteinander verbunden sind und sich gegenseitig beeinflussen. Es gibt keine isolierten Probleme; ein Problem in einer Abteilung kann die Folge einer Dynamik in einer ganz anderen Ecke des Unternehmens sein. Beispielsweise kann die Unzufriedenheit in der IT-Abteilung nicht nur an den Arbeitsbedingungen dort liegen, sondern auch an einer mangelhaften Kommunikationskultur zwischen der Geschäftsführung und dem mittleren Management, was zu unklaren Prioritäten und Frustration führt. Ein systemischer Ansatz zielt darauf ab, diese verborgenen, miteinander verknüpften Ursachen zu erkennen. Es geht darum, nicht nur zu fragen "Was ist das Problem?", sondern "Wie trägt das gesamte System zu diesem Problem bei?". Dieser Ansatz basiert auf der Erkenntnis, dass das Verhalten von Einzelpersonen und Teams das Ergebnis der Interaktionen und Strukturen ist, in die sie eingebettet sind. Es geht darum, die unsichtbaren Regeln und Muster zu identifizieren, die das Handeln und Fühlen der Menschen in einer Organisation bestimmen. Nur wenn diese tieferen Schichten verstanden und verändert werden, kann eine nachhaltige Verbesserung erzielt werden.


Die vernetzten Dynamiken in Organisationen

Die Stärke dieses Ansatzes liegt in der Erkenntnis, dass Themen wie psychologische Sicherheit, Kultur, Selbstwirksamkeit und Zugehörigkeit keine losgelösten Konzepte sind, sondern miteinander interagieren. Beispielsweise kann fehlende Zugehörigkeit das Ergebnis einer nicht authentischen Unternehmenskultur sein, die den Mitarbeitenden das Gefühl gibt, eine Rolle spielen zu müssen. Dies wiederum untergräbt die psychologische Sicherheit sowie die eigene Authentizität, da man Angst hat, man selbst zu sein. Ein*e systemische*r Expert*in schaut auf diese Zusammenhänge, um die Wurzel des Problems freizulegen. Er*Sie analysiert die Kommunikationsflüsse, die Hierarchien, die informellen Machtstrukturen und die Verhaltensmuster, die die Kultur prägen und die Bindung beeinflussen. Diese komplexen Dynamiken sind oft die wahren Treiber von Demotivation und Fluktuation. Ein*e systemische*r Expert*in kann die Symptome deuten, um die darunterliegenden systemischen Muster zu erkennen. Er*Sie sieht, dass beispielsweise die hohe Fluktuation im Vertrieb nicht nur am Gehaltsmodell liegt, sondern auch an einem Konkurrenzklima, das die soziale Verbundenheit untergräbt, oder an mangelnder Autonomie, welche die Selbstwirksamkeit beeinträchtigt.


Warum ein externer Blick so wertvoll ist

Oft sind Unternehmen betriebsblind. Die eigenen Führungskräfte und Mitarbeitenden sind so tief in den etablierten Strukturen und Gewohnheiten verankert, dass sie die systemischen Dysfunktionen nicht mehr erkennen können. Hier kommt die Expertise eines*einer externen Beraters*Beraterin ins Spiel. Unsere Rolle ist es, eine unvoreingenommene, frische Perspektive einzubringen. Wir verwenden eine analytische Methode, die über reine Mitarbeiterbefragungen hinausgeht und führen tiefgehende Interviews, beobachten die Interaktionen im Team und analysieren die informellen Kommunikationswege. Ziel ist es, die verborgenen Muster und Dynamiken sichtbar zu machen, die die Bindung beeinträchtigen. Anstatt schnelle, oberflächliche Lösungen anzubieten, entwickeln wir gemeinsam mit Ihnen einen maßgeschneiderten, nachhaltigen Plan, der die Ursachen adressiert und die Organisation von innen heraus stärkt. Wir befähigen Sie, sich selbst zu verstehen und langfristig resilienter gegenüber den Herausforderungen des Arbeitsmarktes zu werden. Dieser Ansatz zielt nicht nur darauf ab, Probleme zu beheben, sondern auch die Führungskräfte und Teams zu befähigen, diese Dynamiken in Zukunft selbst zu erkennen und zu gestalten. So wird die Organisation zu einem lernenden System, das sich kontinuierlich verbessern kann.


Fazit: Nachhaltige Bindung durch ganzheitliche Analyse

Der Weg zu einer nachhaltigen Mitarbeiterbindung führt über die systemische Betrachtung der Organisation. Es reicht nicht mehr aus, auf Symptome zu reagieren. Die wahren Hebel für Loyalität und Engagement liegen in der Behebung der Ursachen – in der Veränderung der Kultur, der Förderung von Leadership und der Stärkung der menschlichen Dynamiken. Indem Unternehmen die komplexen, vernetzten Strukturen ihrer Organisation verstehen und angehen, können sie eine Bindung schaffen, die nicht nur auf Verträgen, sondern auf Vertrauen, Sinn und Zugehörigkeit basiert. Ein*e externe*r Expert*in, der*die diesen systemischen Ansatz verfolgt, kann als Katalysator dienen, um diesen wichtigen Transformationsprozess anzustoßen und zu begleiten. Wir liefern keine Einheitslösung, sondern einen strategischen Fahrplan, der die einzigartigen Herausforderungen und Potenziale jeder Organisation berücksichtigt und sie auf einen Weg der nachhaltigen Entwicklung führt.

 

Literaturhinweise:

Luhmann, Niklas (2014): Vertrauen: Ein Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität. 5. Aufl. [Online]. Stuttgart: utb GmbH.


Schein, Edgar H. & Schein, Peter (2018): Organisationskultur und Leadership. 5. Aufl. 2018. München: Verlag C.H.Beck.


Kahn, William A. (1990): Psychological Conditions of Personal Engagement and Disengagement at Work. In: Academy of Management Journal. [Online]. Vol. 33(4), S. 692-724.


Edmondson, Amy (1999): Psychological Safety and Learning Behavior in Work Teams. In: Administrative Science Quarterly. Vol. 44(2), S. 350-383.



Waller, Lee (2022): A Sense of Belonging at Work: A Guide to Improving Wellbeing and Performance. Abingdon Oxon: Routledge.