Beziehungsprobleme meistern: Trotz Elternschaft Paar bleiben
Trotz Elternschaft Paar bleiben: Die Beziehung als Fundament der Familie stärken

Elternschaft ist eine der tiefgreifendsten Erfahrungen im Leben. Sie bringt unermessliche Freude, Liebe und einen neuen Sinn. Gleichzeitig ist sie eine enorme Herausforderung, die Paare an ihre Grenzen bringen kann. Die Prioritäten verschieben sich, Zeit und Energie werden knapp und die Rolle als Partner*in tritt oft hinter die als Eltern zurück. Doch genau in dieser Phase ist es entscheidend, die Paarbeziehung als Fundament der Familie anzuerkennen und bewusst zu pflegen.
Dieser Beitrag widmet sich diesem besonderen und wichtigen Aspekt der Beziehungsdynamik. Er beleuchtet, welche einzigartigen Herausforderungen die Elternschaft für die Partnerschaft mit sich bringt und wie Paare es schaffen können, ihre Verbindung zu stärken und trotz aller Veränderungen Paar zu bleiben.
Inhalt dieses Beitrags:
- Die Veränderung der Paardynamik durch Elternschaft: Eine neue Normalität
- Herausforderungen erkennen: Die häufigsten Stolpersteine für Paare mit Kindern
- Die Paarbeziehung als sicherer Hafen für die ganze Familie
- Strategien für die Paarbeziehung in der Elternschaft: Bewusst investieren
- Der systemische Blick und professionelle Unterstützung: Ein Tanz der Rollen und Bedürfnisse
- Fazit: Eine starke Paarbeziehung – das größte Geschenk an Ihre Kinder
Die Veränderung der Paardynamik durch Elternschaft: Eine neue Normalität
Mit der Geburt eines Kindes betreten Paare eine neue Welt. Aus zwei werden drei – oder mehr – und das gesamte System ordnet sich neu. Was früher selbstverständlich war wie spontane Verabredungen oder ungestörte Gespräche, rückt in weite Ferne. Die Liebe zum Kind ist überwältigend und steht oft im Mittelpunkt. Doch diese intensive Phase, geprägt von Schlafmangel, neuen Verantwortlichkeiten und einem permanenten „Bereitschaftsdienst“, kann die Paarbeziehung an den Rand drängen.
Es entsteht eine neue Normalität, in der die Rollen als Mama oder Papa dominant werden. Dies ist natürlich und wichtig für die Entwicklung des Kindes, darf aber nicht bedeuten, dass die Basis – die Paarbeziehung – vernachlässigt wird. Viele Paare erleben, wie aus Liebenden zunächst Eltern und dann vielleicht nur noch Organisatoren des Familienalltags werden.

Herausforderungen erkennen: Die häufigsten Stolpersteine für Paare mit Kindern
Die Elternschaft bringt spezifische Belastungen für die Paarbeziehung mit sich, die oft unterschätzt werden:
- Massiver Zeit- und Energiemangel: Schlafmangel und die ständige Verfügbarkeit für das Kind zehren an den Nerven und lassen kaum Raum für Zweisamkeit oder eigene Bedürfnisse.
- Ungleichgewicht bei Rollen und Erwartungen: Wer ist für was zuständig? Unterschiedliche Ansichten über Erziehung und die ungleiche Verteilung von Aufgaben führen zu Frustration und dem Gefühl, allein gelassen zu werden.
- Erschwerte Intimität: Körperliche Nähe kann nach der Geburt aus vielerlei Gründen – von Erschöpfung über körperliche Veränderungen bis hin zur Wahrnehmung als "nur noch Eltern" – leiden. Dies erfordert offene und sensible Kommunikation.
- Verschobene Prioritäten: Das Kind steht unweigerlich im Mittelpunkt. Dies kann dazu führen, dass die Bedürfnisse des Partners oder der Partnerin übersehen werden oder sich selbst zurückgenommen wird.
- Oberflächliche Kommunikation: Tiefe Gespräche weichen kurzen Absprachen über Logistik. Es fehlt die Zeit und Muße für echtes Zuhören und den Austausch über persönliche Gefühle und die Beziehungsebene.
- Zunehmendes Konfliktpotenzial: Meinungsverschiedenheiten über Erziehungsstile, Finanzen oder die Organisation des Alltags können sich schnell zu ernsten Konflikten entwickeln, wenn keine funktionierende Streitkultur vorhanden ist.
Die Paarbeziehung als sicherer Hafen für die ganze Familie
Eine stabile und liebevolle Paarbeziehung ist der größte Schutzfaktor für die gesamte Familie. Sie ist der „sichere Hafen“, der den Kindern Geborgenheit und Orientierung bietet. Kinder lernen am Modell ihrer Eltern: Sie beobachten, wie Konflikte gelöst werden, wie Vertrauen gelebt wird und wie Erwachsene miteinander umgehen. Eine harmonische Elternbeziehung trägt maßgeblich zur emotionalen Sicherheit und zum Wohlbefinden der Kinder bei.
Wenn die Eltern als Team funktionieren und ihre Verbundenheit pflegen, strahlt dies auf das gesamte Familiensystem aus. Es schafft eine Atmosphäre von Respekt, Akzeptanz und liebevoller Fürsorge, in der sich alle Mitglieder entfalten können. Vernachlässigen Eltern jedoch ihre eigene Paarbeziehung, kann dies dazu führen, dass Kinder ungesunde Werte und Normen sowie Kommunikations- und Konfliktmuster erlernen, die sich später in ihren eigenen Beziehungen widerspiegeln. Dies untergräbt die emotionale Sicherheit der Kinder und kann ihre zukünftige Beziehungsfähigkeit nachhaltig beeinflussen.
Strategien für die Paarbeziehung in der Elternschaft: Bewusst investieren
Um trotz Elternschaft ein Paar zu bleiben, ist bewusste Investition und Proaktivität nötig:
- Zweisamkeit priorisieren: Auch kleine Auszeiten nur für Sie beide sind Gold wert. Das kann ein gemeinsames Ritual vor dem Zubettgehen sein, ein Spaziergang ohne Kinder oder regelmäßige Dates – auch wenn sie nur zu Hause stattfinden. Das Signal: „Wir sind noch ein Paar.“
- Rollen bewusst trennen: Vereinbaren Sie bewusst Zeiten, in denen Sie nicht über Kinder oder Organisation sprechen, sondern über sich selbst, Ihre Träume und Gefühle. Die Metakommunikation hilft, den Rollenwechsel zu thematisieren, indem Sie explizit darüber sprechen, wann Sie welche Rolle einnehmen wollen. Zum Beispiel: "Lass uns jetzt eine halbe Stunde nur über uns reden, ohne Familien-Organisatorisches" oder "Heute Abend sind wir wieder Partner, nicht nur Eltern."
- Kommunikation pflegen: Suchen Sie nach Wegen für den Austausch, auch wenn die Zeit knapp ist. Kurze Check-ins über den Tag, gegenseitige Wertschätzung für die erbrachten Leistungen und das Einholen der Perspektive des anderen stärken die Verbindung. Nutzen Sie Ich-Botschaften, um Bedürfnisse klar zu äußern.
- Aufgabenverteilung besprechen und anpassen: Sprechen Sie offen über Belastungen und finden Sie gemeinsam faire Lösungen, die regelmäßig angepasst werden. Klären Sie Erwartungen und setzen Sie Grenzen bei Überforderung.
- Intimität neu entdecken: Sprechen Sie über Ihre Bedürfnisse und Wünsche. Intimität ist vielfältig und muss sich nach der Geburt neu definieren dürfen. Das Verständnis füreinander stärkt die emotionale und körperliche Nähe.
- Anerkennung und Wertschätzung leben: Drücken Sie bewusst aus, was Sie am anderen als Partner*in und Elternteil schätzen. Soziale Akzeptanz und Wertschätzung sind der Klebstoff der Beziehung.

Der systemische Blick und professionelle Unterstützung: Ein Tanz der Rollen und Bedürfnisse
Aus systemischer Sicht ist die Familie ein komplexes Geflecht, in dem die Ankunft eines Kindes eine tiefgreifende Neuorganisation bewirkt. Die Paarbeziehung wird zu einem schützenswerten Subsystem, das seine stabilisierende Funktion nur erfüllen kann, wenn es gepflegt wird. Es geht darum, die neuen Rollen und Regeln zu verhandeln und dabei die individuellen Bedürfnisse jedes Mitglieds – sowohl der Eltern als Einzelpersonen als auch als Paar – im Blick zu behalten.
Ein systemischer Ansatz betrachtet die Familie als Ganzes und hilft dabei, dysfunktionale Muster zu erkennen, die sich aus Überforderung oder unausgesprochenen Erwartungen ergeben. Er fördert die Kommunikation darüber, wie Grenzen als Paar wieder gezogen werden können, um Raum für Zweisamkeit zu schaffen und gleichzeitig die elterlichen Pflichten zu erfüllen. Es ist ein dynamischer Tanz, bei dem sich alle Beteiligten immer wieder neu aufeinander einstellen müssen.
Die Herausforderungen der Elternschaft können überwältigend sein und es ist absolut normal, an Grenzen zu stoßen. Systemische Beratung bietet hier eine wertvolle Unterstützung, die weit über individuelle Probleme hinausgeht. Ein*e systemische*r Berater*in kann Elternpaaren helfen, ihre Kommunikation zu verbessern, Konflikte konstruktiver anzugehen und Strategien zu entwickeln, um trotz der Belastungen des Alltags Paar zu bleiben. Es geht darum, neue Rollen und Erwartungen bewusst zu verhandeln, die eigenen Werte im Kontext der Familie zu leben und gemeinsame Wege zu finden, um Intimität und Verbundenheit zu bewahren. Diese Begleitung schafft einen geschützten Raum, in dem beide Partner*innen ihre Bedürfnisse und Ängste äußern können, und hilft dabei, die Paarbeziehung als starke und liebevolle Basis für die gesamte Familie zu festigen. Es ist eine Investition in die langfristige Zufriedenheit aller Familienmitglieder.
Fazit: Eine starke Paarbeziehung – das größte Geschenk an Ihre Kinder
Elternschaft ist eine Reise, die das Paarleben tiefgreifend verändert. Doch indem Sie bewusst in Ihre Paarbeziehung investieren, erhalten Sie nicht nur Ihre Liebe und Verbundenheit, sondern schenken Ihren Kindern das größte Gut: das Modell einer stabilen, respektvollen und liebevollen Beziehung. Eine starke Paarbeziehung ist der Anker, der die Familie durch alle Widrigkeiten trägt und ein leuchtendes Beispiel für die Bedeutung von Vertrauen, Kommunikation und bedingungsloser Akzeptanz.
Literatur:
Cowan, Philip A., & Cowan, Carolyn P. (1999): When Partners Become Parents: The Big Life Change for Couples. New Jersey: Lawrence Erlbaum Associates.
Gottman, John M. & Schwartz Gottman, Julie (2007): And Baby Makes Three: The Six-Step Plan for Preserving Marital Intimacy and Rekinding Romance After Baby Arrives. Ney York City: Crown Pub.
Minuchin, Salvador (1974): Families and Family Therapy. [Online]. Cambridge, MA: Harvard University Press.