Die Google-Formel für Top-Teams
Die Google-Formel für Top-Teams: So schaffen Sie psychologische Sicherheit

• Die trügerische Ruhe der Angstkultur
• Warum Fehler keine Schwäche sind
• Die Vorteile einer offenen, sicheren Umgebung
• Praktische Tipps: Wie Sie psychologische Sicherheit schaffen
• Fazit: Wie Sie durch psychologische Sicherheit zu einem Magneten für Talente werden
Was bedeutet psychologische Sicherheit?
Psychologische Sicherheit bedeutet, dass sich Teammitglieder frei und ohne Angst vor negativen Konsequenzen äußern können. Es ist die Überzeugung, dass das Team ein sicherer Ort ist, um Risiken einzugehen, Fragen zu stellen, Fehler zuzugeben oder eine konträre Meinung zu äußern. Es geht nicht darum, nett zueinander zu sein oder Konflikte zu vermeiden. Es geht darum, eine Umgebung zu schaffen, in der Offenheit und Verletzlichkeit als Stärke und nicht als Schwäche wahrgenommen werden. Laut der Sozialwissenschaftlerin Amy Edmondson handelt es sich um den Glauben, dass man für seine Ideen nicht bestraft oder gedemütigt wird und Führungskräfte sowie Teammitglieder die eigenen besten Interessen im Blick haben. Dieser Zustand ist das Fundament für Vertrauen. Ohne dieses Vertrauen können sich Mitarbeitende nicht sicher fühlen. Wenn ein Teammitglied befürchtet, kritisiert oder bloßgestellt zu werden, weil es eine Frage stellt, wird es schweigen. Wenn die Angst vor Konsequenzen bei einem Misserfolg zu groß ist, werden neue Ideen im Keim erstickt. Psychologische Sicherheit ist somit die Grundlage, auf der alle anderen Interaktionen aufbauen.
Die trügerische Ruhe der Angstkultur
Ein Umfeld ohne psychologische Sicherheit wirkt oft auf den ersten Blick ruhig und effizient. Es gibt keine offenen Konflikte und die Prozesse laufen reibungslos. Doch diese Ruhe ist trügerisch. Unter der Oberfläche brodelt es: Wichtige Informationen werden zurückgehalten, Fehler werden vertuscht und innovative Ideen werden aus Angst vor Ablehnung gar nicht erst ausgesprochen. Dies führt langfristig zu Stagnation, fehlender Problemlösungskompetenz und einer sinkenden Mitarbeiterbindung.
In einem solchen System wird die Kommunikation oberflächlich, da wichtige Themen ausgeklammert bleiben. Das ist wie bei einem Haus, dessen Fundament bröckelt – von außen sieht es stabil aus, aber innen ist es fragil. In solchen Teams entsteht schnell die sogenannte defensive silence, ein Rückzug aus Angst, anzuecken oder soziale Kosten zu tragen. Mitarbeitende investieren ihre Energie nicht in die Zusammenarbeit, sondern in Selbstschutzstrategien. Anstatt zu fragen, wie man ein Problem gemeinsam lösen kann, überlegt jede*r Einzelne, wie er*sie am besten aus der Schusslinie bleibt. Dies führt nicht nur zu Frustration, sondern auch zu einer inneren Kündigung, da sich Mitarbeitende nicht mehr als wertgeschätzter Teil des Ganzen fühlen.
Warum Fehler keine Schwäche sind
In vielen Organisationen herrscht die ungeschriebene Regel, dass Fehler um jeden Preis vermieden werden müssen. Dies führt zu einer Kultur des Zögerns. Doch gerade aus Fehlern resultieren die größten Lerneffekte und Innovationen. Ein Team mit psychologischer Sicherheit sieht Fehler als eine Chance zur Verbesserung und nicht als Anlass zur Bestrafung. Wenn Mitarbeitende wissen, dass sie scheitern dürfen, sind sie eher bereit, Risiken einzugehen, die für Innovationen notwendig sind. Sie trauen sich, neue Wege zu beschreiten, ohne Angst vor den Konsequenzen. Das stärkt nicht nur das Vertrauen, sondern auch die Innovationskraft des gesamten Unternehmens.
Ein Beispiel: Ein Entwickler-Team, das eine neue Software testet, findet einen gravierenden Bug. In einem Umfeld ohne psychologische Sicherheit würde der*die Entwickler*in den Fehler vielleicht versuchen zu vertuschen, um nicht als inkompetent dazustehen. In einem sicheren Umfeld wird er*sie den Fehler sofort ansprechen, damit das Team ihn gemeinsam beheben und aus ihm lernen kann. Diese offene Fehlerkultur spart nicht nur Zeit und Geld, sondern fördert auch eine Atmosphäre der kontinuierlichen Verbesserung und stärkt das Wir-Gefühl.

Die Vorteile einer offenen, sicheren Umgebung
Eine Umgebung mit hoher psychologischer Sicherheit bringt Ihrem Unternehmen konkrete Vorteile:
· Höhere Innovation: Mitarbeitende trauen sich, neue Ideen vorzuschlagen und auszuprobieren.
· Bessere Problemlösung: Fehler werden offen angesprochen und als Lernchancen genutzt.
· Gesteigerte Produktivität: Teams arbeiten effizienter zusammen und vermeiden Reibungsverluste.
· Stärkere Bindung: Mitarbeitende fühlen sich wertgeschätzt und sicher.
· Geringere Fluktuation: Mitarbeitende bleiben dem Unternehmen treu, weil sie sich zugehörig fühlen.
· Erhöhte Resilienz: Teams können mit Unsicherheit und permanentem Wandel besser umgehen.
Diese Vorteile zeigen, dass psychologische Sicherheit nicht „nice-to-have“ ist, sondern ein wesentlicher Treiber für den Erfolg.
Praktische Tipps: Wie Sie psychologische Sicherheit schaffen
Der Aufbau psychologischer Sicherheit beginnt bei der Führungskraft. Sie können mit diesen Schritten starten:
1. Hören Sie aktiv zu: Anstatt nur zu antworten, versuchen Sie wirklich zu verstehen, was Ihr Team bewegt. Stellen Sie offene Fragen wie „Was hindert uns daran, dieses Problem zu lösen?“ oder „Welche Annahmen könnten wir hier in Frage stellen?“
2. Gestehen Sie eigene Fehler ein: Seien Sie Vorbild. Zeigen Sie, dass es menschlich ist, Fehler zu machen. Das nimmt dem Team die Angst, es selbst zu tun. Ein Satz wie „Ich habe die Situation falsch eingeschätzt, wie können wir es gemeinsam besser machen?“ wirkt Wunder.
3. Schaffen Sie einen Raum für offenes Feedback: Etablieren Sie Rituale, in denen alle Meinungen gehört werden, ohne sie sofort zu bewerten. Ermutigen Sie die Teammitglieder, ihre Perspektiven zu teilen, auch wenn sie von der Mehrheit abweichen. Die Förderung von respectful inquiry – dem neugierigen Fragen, um andere Perspektiven zu verstehen – kann maßgeblich dazu beitragen, ein Klima der Offenheit zu schaffen.
4. Schützen Sie die psychische Gesundheit: Psychologische Sicherheit ist eng mit der psychischen Gesundheit der Mitarbeitenden verbunden. Indem Sie ein sicheres Umfeld schaffen, reduzieren Sie Stress und stärken die Resilienz des Teams.
Fazit: Wie Sie durch psychologische Sicherheit zu einem Magneten für Talente werden
Psychologische Sicherheit ist keine Modeerscheinung, sondern ein fundamentaler Baustein für den Erfolg in der modernen Arbeitswelt. In der dynamischen Arbeitswelt von heute ist sie der Schlüssel, um das volle Potenzial Ihrer Mitarbeitenden freizusetzen und eine Unternehmenskultur zu schaffen, die nicht nur bindet, sondern auch neue Talente anzieht. Sie ist entscheidend für das Wohlbefinden und die psychische Gesundheit der Belegschaft, da sie Stress reduziert und die Resilienz steigert. Zudem stärkt sie die Verbleibsabsicht der Mitarbeitenden, da sie ein Umfeld schafft, in dem sich jeder sicher und wertgeschätzt fühlt.
Literaturhinweise:
Edmondson, Amy (1999): Psychological Safety and Learning Behavior in Work Teams. In: Administrative Science Quarterly. Vol. 44(2), S. 350-383.
Frazier, M. Lance; Fainshmidt, Stav; Klinger, Ryan L.; Pezeshkan, Amir & Vracheva, Veselina (2017): Psychological Safety: A Meta-Analytic Review and Extension. In: Personnel Psychology. Vol. 70(1), S. 113-165.
Schein, Edgar H. & Schein, Peter (2018): Organisationskultur und Leadership. 5. Aufl. 2018. München: Verlag C.H.Beck.
Van Quaquebeke, Niels & Felps, Will (2018): Respectful Inquiry: A Motivational Account of Leading Through Asking Questions and Listening. In: The Academy of Management Review. [Online]. Vol. 43(1), S. 5–27.