Die Traumatische Zange
Die Traumatische Zange in der Systemischen Ehe- und Paarberatung: Ein Ansatz zur Konfliktlösung

In der systemischen Ehe- und Paarberatung spielen Modelle wie die "Traumatische Zange" eine zentrale Rolle, um die Dynamiken in Beziehungen zu verstehen und Konflikte nachhaltig zu lösen. Dieses Modell zeigt, wie Paare in belastenden Situationen zwischen Kampf und Flucht gefangen sein können, was zu Stagnation oder Dissoziation führt. In diesem Artikel beleuchten wir, wie die Traumatische Zange in der systemischen Paarberatung eingesetzt wird, welche Vorteile sie bietet, welche Methoden angewendet werden und wie ein konkretes Beispiel aussieht. Abschließend geben wir Empfehlungen für weiterführende Literatur.
Die Traumatische Zange: Ein Modell zur Veranschaulichung von Beziehungsdynamiken
Die Traumatische Zange beschreibt eine existenzbedrohende Situation, in der Paare zwischen zwei extremen Reaktionsmustern – Kampf (Verzweiflung, Schmerz) und Flucht (Hilflosigkeit, Angst) – hin- und hergerissen sind. Diese Dynamik führt oft zu einer Stagnation oder Dissoziation, bei der Paare emotional erstarren oder sich voneinander abkapseln. Die Traumatische Zange zeigt, wie diese Muster durch fragmentierte Wahrnehmungen, Bilder, Verhaltensmuster, Gefühle und Körperempfindungen verstärkt werden, was letztlich zu einer Unterwerfung führt – einer Art Kapitulation vor der belastenden Dynamik. In der systemischen Paarberatung hilft dieses Modell, die unbewussten Muster und Wechselwirkungen zwischen Partnern sichtbar zu machen. Es verdeutlicht, wie beide Partner in ihren Reaktionen gefangen sind und wie diese Muster ihre Beziehung belasten.
Vorteile der Traumatischen Zange in der Paarberatung
- Sichtbarmachung von Dynamiken: Das Modell hilft Paaren, ihre automatischen Reaktionen (Kampf oder Flucht) zu erkennen und zu verstehen, wie diese ihre Beziehung beeinflussen.
- Förderung von Empathie: Indem beide Partner sehen, dass sie in einer gemeinsamen Dynamik gefangen sind, können sie Mitgefühl füreinander entwickeln, anstatt sich gegenseitig zu beschuldigen.
- Lösungsorientierter Ansatz: Die Traumatische Zange lenkt den Fokus weg von der Problemanalyse hin zu möglichen Lösungen, indem sie alternative Handlungsweisen aufzeigt.
- Nachhaltige Veränderung: Durch das Erkennen und Bearbeiten der zugrunde liegenden Muster können Paare langfristig aus der Stagnation ausbrechen und neue Wege der Interaktion finden.
Methoden in der Systemischen Paarberatung mit der Traumatischen Zange
In der systemischen Paarberatung werden verschiedene Methoden eingesetzt, um die Dynamiken der Traumatischen Zange zu bearbeiten:
- Systemische Fragetechniken: Fragen wie „Was passiert, wenn du in den Kampfmodus gehst?“ oder „Wie fühlst du dich, wenn du dich zurückziehst?“ helfen, die Reaktionsmuster bewusst zu machen.
- Ressourcenorientierung: Der Fokus liegt darauf, die Stärken und positiven Aspekte der Beziehung zu betonen, um aus der Stagnation herauszukommen.
- Visualisierung und Aufstellungen: Die Traumatische Zange kann durch Skulpturen oder Aufstellungen im Raum dargestellt werden, um die Dynamiken greifbar zu machen.
- Zirkuläres Fragen: Fragen wie „Wie reagiert dein Partner, wenn du dich zurückziehst?“ fördern ein gegenseitiges Verständnis der Wechselwirkungen.
- Hypothesenbildung: Der Berater bildet Hypothesen darüber, wie die Muster entstanden sind, und überprüft diese gemeinsam mit dem Paar.

Beispiel: Anwendung der Traumatischen Zange in der Praxis
Stellen wir uns ein Paar vor, Anna und Ben, die seit Jahren in Konflikten feststecken. Anna reagiert auf Streit mit Vorwürfen und lautem Diskutieren (Kampf), während Ben sich zurückzieht und schweigt (Flucht). Beide fühlen sich unverstanden und emotional erstarrt (Stagnation). In der systemischen Paarberatung wird die Traumatische Zange eingesetzt, um diese Dynamik zu visualisieren. Der Berater fragt Anna: „Was passiert in dir, wenn Ben sich zurückzieht?“ Sie antwortet: „Ich fühle mich allein und werde noch wütender.“ Ben wird gefragt: „Wie erlebst du Annas Vorwürfe?“ Er sagt: „Ich fühle mich überfordert und hilflos, deshalb ziehe ich mich zurück.“
Durch zirkuläres Fragen und Visualisierung erkennen beide, dass sie in einem Kreislauf gefangen sind, der ihre Verbindung belastet. Der Berater arbeitet mit ihnen an alternativen Strategien, wie z. B. Pausen während eines Streits einzulegen, um die Emotionen zu regulieren, und fördert kleine Schritte, um Empathie und Nähe wiederherzustellen. Nach mehreren Sitzungen gelingt es Anna und Ben, aus der Stagnation auszubrechen und neue Wege der Kommunikation zu finden.
Weiterführende Literatur zur Systemischen Paarberatung
Für alle, die tiefer in die systemische Paarberatung eintauchen möchten, empfehle ich folgende Werke:
- „Systemische Beratung und Familientherapie“ von Rainer Schwing: Ein umfassendes Buch, das systemische Ansätze in der Arbeit mit Paaren und Familien anschaulich beschreibt.
- „Fragen können wie Küsse schmecken“ von Carmen Kindl-Beilfuß: Dieses Werk zeigt, wie systemische Fragetechniken in der Paarberatung eingesetzt werden können, um Bewegung in festgefahrene Prozesse zu bringen.
- „Lösungsorientierte Beratung: Praxishandbuch“ von Günter G. Bamberger: Ein praxisnahes Handbuch, das sich auf die Stärken und Ressourcen von Paaren konzentriert, um Lösungen zu finden.
- „Systemisches Handwerk. Werkzeug für die Praxis“ von Rainer Schwing: Ein Werkzeugkoffer für Berater, der Schritt für Schritt durch die Phasen systemischer Arbeit führt – ideal auch für Paarberatung.
Fazit zum Thema
Die Traumatische Zange ist ein wertvolles Modell in der systemischen Ehe- und Paarberatung, um belastende Dynamiken sichtbar zu machen und Paaren zu helfen, aus der Stagnation auszubrechen. Durch systemische Methoden wie Fragetechniken, Visualisierung und Ressourcenorientierung können Paare neue Wege der Interaktion finden und ihre Beziehung stärken. Die vorgestellten Bücher bieten eine solide Grundlage, um diese Ansätze in der Praxis anzuwenden und weiter zu vertiefen.
Haben Sie Fragen oder möchten Sie mehr über systemische Paarberatung erfahren? Kontaktieren Sie mich gerne!